Patrozinium: Maria vom Berge Karmel, 16. Juli.
Werte Kirchenbesucher!
Über dem Eingangsportal dieser Kirche steht in goldenen Lettern geschrieben, was Sinn und Zweck jedes katholischen Gotteshauses ist, nämlich: HIC DEUM INVOCA. Hier, in diesem geweihten Raum, wo die heiligen Geheimnisse des Glaubens gefeiert werden, sollen wir Gott begegnen können, im Gebet, im Gottesdienst. Lieber Kirchenbesucher, verwechsle also den Kirchenraum nicht mit einem profanen Museum menschlichen Kunstschaffens, sondern achte seine besondere Sinngebung, die Dir allein die ganze heilige Schönheit dieses Raumes erschließen wird: als eine irdische Vorhalle des himmlischen Jerusalems, des Ziels des gottliebenden Menschen. Achte also in Deinem respektvollen Verhalten diesen Raum und jene, die darin beten. Beginne auch Du den Rundgang durch diese Kirche mit einem kurzen Gebet vor dem Tabernakel, in dem – nach katholischem Glauben – der Herr, unser Gott, selbst seine bleibende Wohnung unter uns errichtet hat. Damit wirst Du diese Kirche als einen Rastplatz für die Seele erfahren können, der eintauchen läßt in den Frieden Gottes.
Die wechselhafte, ja geradezu tragische Geschichte dieser Kirche und des dazugehörenden Karmelitinnenklosters von St.Pölten mag uns aber auch lehren, daß Menschensinn unbeständig und alle Schönheit dieser Welt vergänglich ist und bleibt. Was für Jahrhunderte gebaut worden ist, kann nicht immer den zerstörerischen Zeiteinflüssen widerstehen. Das Innere des Kirchenraums der ehemaligen Klosterkirche zu Ehren Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel in St. Pölten, dessen ursprüngliche Harmonie im Rahmen der josephinischen Klosterreform willkürlich zerschlagen worden ist, beweist die Wahrheit von der Vergänglichkeit der Schönheit alles Irdischen, selbst wenn es im Dienste Gottes steht.
Genießen Sie nun aber mit offenen Sinnen und dankbar alles Schöne, das sie in dieser Kirche zur Ehre Gottes erwartet. Nur durch den Eifer und die Wohltätigkeit guter Menschen hat dieser Kirchenraum eine neue und würdige Gestalt wiedergewonnen.
Mit diesen einführenden Worten darf ich Sie alle aus nah und fern herzlich willkommen heißen und ihnen einen erbauenden Gang durch die Kirche wünschen, Ihr
DDr. Reinhard Knittel, Rektor
Geschichtliches zu Kloster und Kirche der Karmelitinnen in St. Pölten
Die Gründung und Ausstattung des Klosters und der zugehörigen Kirche ist der Wohltätigkeit von Maria Antonia Josepha Fürstin von Montecuccoli, geb. Colloredo (1672-1738) zu verdanken.
Der Karmelorden genoß am Wiener Kaiserhof durch Einfluß der spanischen Linie der Habsburger seit Kaiser Ferdinand II. hohes Ansehen, ja viele der österreichischen Erzherzöge trugen die Namen der Karmelheiligen oder der Karmelpatrone (Theresia, Joseph) und waren Mitglieder der Skapulierbruderschaft. Erst die Aufklärung machte dem ein Ende. Nach kinderloser Ehe und Tod des Gatten Leopold Philipp von Montecuccoli im Jahre 1698 entschloß sich die Fürstin zur Gründung eines Karmels, was sie schließlich mit dem Stiftsbrief vom 8. April 1707 besiegelte. Sie hatte St. Pölten als Ort ihrer reichdotierten Stiftung ausgesucht, weil er nahe ihrer Herrschaft Walpersdorf lag. Dieser Plan aber schien zunächst, trotz Förderung hochgestellter Persönlichkeiten des kaiserlichen Hofes, nicht günstig. Denn zur selben Zeit beabsichtigte schon die Kongregation der Englischen Fräulein eine Gründung in St. Pölten und die kaiserliche Genehmigung für eine zweite Ordensniederlassung wurde als unerreichbar angesehen. Aber auch die schon bestehenden Klostergemeinschaften in St. Pölten und die zivilen Autoritäten wehrten sich gegen eine Neugründung der Karmelitinnen in St. Pölten. Weltliche und kirchliche Autoritäten äußerten sich zunächst ablehnend zum Plan der Fürstin.
Bau von Kloster und Kirche
Durch tätige Vermittlung der Fürstin und der Kaiserinwitwe Eleonore erteilte Kaiser Josef I. schließlich am 1. Juli 1706 die Erlaubnis, Kloster und Kirche der Karmelitinnen in St. Pölten zu erbauen. Dem schloss sich dann auch die kirchliche Autorität von Passau an. Ende Oktober 1706 zogen also die ersten vier Karmelitinnen aus dem Kloster zu Wiener Neustadt und Wien sowie vier Kandidatinnen in eine provisorische Unterkunft am heutigen Rathausplatz. Die Verhandlungen um einen Bauplatz für Kloster und Kirche führten im Dezember 1706 zu einer Einigung: den Karmelitinnen wurden Häuser im damaligen Holzviertel am Kohlpühl (zwischen Prandtauerstraße und Linzerstraße) angeboten. Erst ein Jahr nach dem Einzug der ersten Karmelitinnen in St. Pölten konnte mit den Abrissarbeiten der bestehenden Häuser am Bauplatz begonnen werden. Unter Beisein der späteren Kaiserin Elisabeth Christine wurde die feierliche Grundsteinlegung vorgenommen, wenngleich – wie die Chronik vermerkt – die Zeremonien zum Missfallen der Karmelitinnen in großer Eile vollzogen worden seien, da die Majestät nach Melk weiterzureisen wünschte. Die Bauarbeiten für Kloster und Kirche zogen sich etwa vier Jahre in die Länge.
Am 9. April 1712 wurde schließlich die provisorisch mit Behelfsaltären ausgestattete Kirche durch den Prälaten des Chroherrenstiftes von St.Pölten benediziert. An dieses Ereignis erinnert das Chronogramm am Kircheneingang ( hIC DeVM InVoCa) sowie im Inneren des Kirchenraumes (principali munificentia hVC aeDIfICatVM).
Am Tag darauf zogen die Karmelitinnen in feierlichem Zug in das neuerbaute Kloster und die strenge päpstliche Klausur wurde eingerichtet.
Erst am 10. Juni 1725 wurde die unterdessen mit einem zentralen Steinaltar und zwei behelfsmäßigen Holzaltären an der vorderen Wandpartie des Langhauses ausgestattete Klosterkirche schließlich vom zuständigen Bischof von Passau Joseph Dominikus Graf Lamberg feierlich eingeweiht. Bis zur Aufhebung des Karmelitinnenklosters und der völligen Profanierung der Kirche im Jahr 1782 kam es zu weiteren baulichen Veränderungen an Kloster und Kirche. So etwa wurden die beiden Holzaltäre der Kirche 1749 durch Steinaltäre ersetzt.
Tod der Stifterin und weiteres Schicksal des Klosters
Die wohltätige Stifterin, die ihrer Gründung mit seltener Freigiebigkeit verbunden blieb, wohnte seit dem Jahr 1735 fast dauernd im Karmel. Mehrfach war die Fürstin in den folgenden Jahren schwer erkrankt und ihre Kräfte schwanden dahin. Am 2. Jänner 1738 hauchte sie im Karmel von St. Pölten ihre Seele gottergeben aus. In ihrem Testament verfügte sie, sofern sie in St. Pölten sterben sollte, “daß man mich als eine Closterfrau Carmeliter-Ordens anklaydden, folgsamb in das von mir allda gestiffte Closter und zwar in deren Closter-Frauen-Crufften zur Erden bestättigen, dan meinen toden Leichnamb, welcher niemalen zu eröffnen ist, in eine kupferne Sarch, es beschehe der Todfahl wo er wolle, legen solle”.
Leider wurde in den Wirren der Klosteraufhebung 1782 der testamentarische Wunsch der Fürstin nicht respektiert und ihr Leichnam wurde in die Schloßkapelle nach Walpersdorf überführt und dort in der rechten Gruft beigesetzt.
Obwohl die Fürstin den Karmel in St. Pölten noch in ihrem Testament reich dotierte, blieb in den folgenden Jahrzehnten die wohltätige Förderung weitgehend aus. So mußten die Karmelitinnen etwa den Austausch der hölzernen Behelfsaltäre an den Seitenwänden durch Steinaltäre zwölf Jahre nach dem Tod der Fürstin selbst bezahlen.
Das Ende der barocken Frömmigkeit und ihrer Liebe zum Glanz des Gotteshauses, brachte auch das gewaltsame Ende des Karmels in St. Pölten. Der Geist des Jansenismus und der Aufklärung konnte mit dem beschaulichen Leben nichts mehr anfangen und dachte nüchtern und funktional. Da war kein Platz mehr für Klöster, die keine soziale Leistung In Erziehung und Krankenpflege erbrachten. In diesem Geist verfügte Kaiser Joseph II. in einer Resolution vom 6. Dezember 1781, daß alle Klöster, die “nur” ein kontemplatives Leben führten, aufzuheben seien. So nahte auch das Ende des Karmelitinnenklosters in St. Pölten, in welchem zum Zeitpunkt der Aufhebung 19 Nonnen lebten. Am 7. Feburar 1782 wurde den Karmelitinnen die Aufhebung mitgeteilt und der gesamte Besitz des Klosters der kaiserlichen Kommission ausgeliefert. Die verbleibenden Nonnen wurden Untermieter im eigenen Kloster und mußten selbst für die Kerzen der Kirche bei den zuständigen Hofstellen anfragen. Nur schweren Herzens konnten sie sich zum Verlassen des Klosters entschließen. Mit einer Pension versehen wurden die meisten Karmelitinnen bis Oktober 1782 an andere Klöster zur Unterbringung verschickt.
Ab September 1782 wurden die wertvolleren Einrichtungsgegenstände von Kloster und Kirche nach Wien in ein Depot gebracht. Die weniger wertvollen und schwierig zu transportierenden Gegenstände, wie die Altäre, die beiden Glocken, die Chorbänke, Sakristeikästen und Statuen blieben zurück und wurden teils verschenkt und teils versteigert. Die weniger wertvollen Einrichtungsgegenstände der Kirche wurden dabei an ärmere oder neugegründete Pfarren abgegeben. So etwa kam der herrliche Hauptaltar der Kirche in die Pfarrkirche Tulln-St. Stephan, die beiden Seitenaltäre hingegen nach Michelhausen und Obergrafendorf. Im September 1784 wurde die Klosterkirche formell profaniert.
Zurück blieben die Gebäude. Zunächst wurde überlegt, ob man darin ein Krankenhaus unterbringen solle oder sonst ein Haus mit sozial nützlicher Verwendung. Im Jahre 1785 überließ Kaiser Joseph II. das ehemalige Karmelitinnenkloster dem Militär und im Februar 1786 zogen 48 Pellegrinische Regimentsknaben in einen Teil des Gebäudes ein, während die Kirche zum Verpflegsmagazin wurde. Später wurde das gesamte Gebäude durch das Infanterieregiment Nr. 49 Pellegrini genutzt und der der Kirche südlich angrenzende Teil des Klostergebäudes wurde aufgestockt. Bis 1918 blieb das Gebäude die “K. und K. Karmeliterkaserne”. 1922 zogen in das Gebäude verschiedene städtische Ämter ein. Ein Teil wurde für Notwohnungen adaptiert. Heute ist das ehemalige Kloster Sitz verschiedener städtischer Ämter und kultureller Einrichtungen.
Die Revitalisierung der Kirche
Erste Pläne in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wollten aus dem verwahrlosten Magazinraum, der früher eine Kirche war, einen Kinosaal machen. Die Auflagen des Bundesdenkmalamtes und die damit verbundenen Kosten ließen diesen Plan jedoch scheitern. Sodann sollte aus der ehemaligen Kirche ein Konzert- und Vortragssaal werden, was aber wieder an den finanziellen Kosten für die Readaptierung des Raumes scheiterte. Schließlich bestanden Pläne, den Kirchenraum als Raum dem Stadtmuseum zu widmen. Auch die dazu nötigen Mittel waren in der Not der 30er Jahre nicht aufwendbar.
Am 2. Dezember 1930 trat das Bischöfliche Ordinariat erstmals an die Stadt mit dem Ersucher heran, die ehemalige Karmelitinnenkirche in Pacht überlassen zu bekommen, was zunächst jedoch abgelehnt wurde. Doch am 1. Jänner 1934, unter geänderten politischen Verhältnissen und nach vorangegangenem neuerlichen Ansuchen des Ordinariates, das den Kirchenraum für Gemeindegottesdienste sowie als Garnisonskirche und für Schulgottesdienste als erforderlich bezeichnete, wurde die Kirche mit Sakristei, Nebenräumen und Turm, allerdings ohne Gruft, die damals noch bis 1938 den Altkatholiken als Kapelle diente, bis zum 31. Dezember 1983 vermietet. Nun wurde ein Arbeitsausschuß für die Wiederherstellung der Kirche gegründet. Unter Architekt Rudolf Wondracek sollte der ursprüngliche architektonische Zustand weitgehend wiederhergestellt werden. Nur durch die auch in diesen schweren Jahren großzügige Spendenbereitschaft der St. Pöltner Bevölkerung konnte der Sakralraum wieder seine sakrale Würde zurückgewinnen und zunächst notdürftig eingerichtet werden.
Am 25. November wurde die Kirche durch Diözesanbischof Memelauer neu eingeweiht. Aus dem auf dem Gemeindetag 1935 gefaßten Plan, die Kirche der Diözese zu schenken, wurde durch die neuerliche politische Veränderung des Jahres 1938 nichts mehr. Erst 1964 wurde die Kirche im Tausch gegen einen Grund zum Schulbau dem Bistum endgültig übergeben.
Die Architektur der Kirche
Die ehemalige Klosterkirche U. L. F. vom Berge Karmel ist der einzige Kir-chenraum des frühen Barocks in St. Pölten und wurde im Jahre 1712 fertiggestellt. Lange Zeit wurde der Bau dem St. Pöltner Baumeister Jakob Prandtauer (1660-1726) zugeordnet und wurde deshalb auch “Prandtauerkirche” genannt. Kritische Forschungen ergaben allerdings, daß vieles an der Kirche nicht mit den an anderen Objekten durchgängig ablesbaren Eigenarten im Stil Prandtauer’s übereinstimmte. Schließlich ergaben Forschungen, daß der ursprüngliche und im wesentlichen dann auch umgesetzte Entwurf für Kirche und Kloster auf den Karmeliterarchitekten Martin Wittwer (1667-1732) zurückgeht. Dieser Grundentwurf, wie etwa Vergleiche mit der ebenfalls von Wittwer stammenden Wiener Neustädter Karmelitenkirche zeigen, ist ganz im Stil der Ordensbaukunst gehalten. Das Kloster ist um zwei Höfe angeordnet und entspricht im wesentlichen dem Entwurf Wittwer’s. Die Kirche besteht aus dem Eingangsjoch mit der 1934 wieder eingebauten Orgelempore, einem zweijochigen Langhaus mit abgerundeten Ecken zum Chor und zur Empore hin und einem quadratischen Chorabschluß. An ihn schließt sich der quadratische Schwesternchor an, der heute als Sakristei genutzt wird. Die Decke ist als Stichkappentonne auf Wandpfeilern gestaltet.
Das helle Kirchenschiff ist gekennzeichnet durch eine kräftige Wand und De-ckengliederung, wobei die Kurvenlinien sehr ausgeprägt erscheinen. Die flach angelegten Doppelpilaster an den Seiten ermöglichen keine Nischenbildung. Der Einfluß von Matthias Steinl (1643/44-1717) in einer zweiten Planungsstufe des Kirchenbaus zeigt sich hingegen in den drei kreisrunden Fenstern unter den großen Stichkappen an der Nordfassade, während dieselben an der Südfassade durch die spätere Erhöhung des Klosterbaues zugemauert worden sind. Aber auch in den nach außen gestaffelten Doppelpilastern oder im kreuzgewölbartigen Eindruck der Deckenpartie des Presbyteriums läßt sich der Einfluß S teinl’s ablesen.
Auf Jakob Prandtauer schließlich, der mit entsprechender Gestaltungsfreiheit an der Ausführung des Baues beteiligt war, lassen der Formcharakter der Profile und Kapitelle im Inneren der Kirche schließen.
Die ursprüngliche Einrichtung der Kirche mit Hauptaltar am Chorabschluß und zwei Seitenaltären an den vorderen beiden Seitenwänden ging durch die Profanierung verloren.
Die Kirchenfassade
Die herrliche dreiachsige Ostfassade erinnert im Erstentwurf von Martin Wittwer an den Fassadenentwurf der Linzer Karmelitenkirche von Johann Martin Rass. Durch Matthias Steinl wurde dieser frühbarocke Plan der Fassade dann in die hochbarocke Formensprache übersetzt, wobei die stark konkave Krümmung der Fassade wohl die augenscheinlichste Änderung des Urentwurfs darstellt.
Beibehalten wurde hingegen die für die Ordenskirchen typische geschlossene Mittelbahn mit dem Segmentgiebelbogen. Über dem Fenster in der Mittelachse befinden sich am gesprengten Segmentgiebelbogen die von Fürstenhut und Doppeladler überragten Wappen der Stifterin Montecuccoli und Colloredo, die von zwei Engeln seitlich gehalten werden. Darüber folgt ein Geschoß mit der Statue der Kirchenpatronin Maria vom Berge Karmel, das die Inschrift trägt: decor Carmeli (Zierde des Karmels). Darüber sieht man in einem giebelartigen Aufsatz das Auge Gottes im Strahlen- und Wolkenkranz. Über den Volutenschnecken befinden sich bauchige Blumenvasen.
Rechts an der Fassade findet sich die Statue der hl. Theresia von Jesus, der großen Reformerin des Karmelordens und darum mit der Inschrift Restauratrix Carmeli (Wiederherstellerin des Karmels) versehen. Links dann die Statue des hl. Jospeh mit der Inschrift Protector Carmeli (Schützer des Karmels).
Auf Jakob Prandtauer, der an der Ausführung des Bau’s beteiligt war, dürfte hingegen als Scheinbalustrade das Steinrankenwerk unter dem Mittelfenster und die Ausführung der Kapitelle zurückgehen.
Im Jahre 1929 wurde die gefährlich verfallene Prachtfassade restauriert und die beiden nach der Aufhebung des Klosters in das Kloster der Englischen Fräulein gebrachten Statuen des hl. Joseph und der hl. Theresia wurden in die dafür vorgesehenen Nischen zurückgestellt.
Die einfacher gehaltene Nordfassade der Kirche wurde anläßlich der Wiederherstellung der Kirche 1934 nach alter Vorlage gestaltet. Dort befindet sich auch das im Jahre 1936 errichtete Hesserdenkmal mit Figuren der akademischen Maler Leopold Schmidt und Herbert Drimmel.
Der Kirchturm erhebt sich südwestlich im Klosterareal und verweist in seiner Formensprache wiederum auf Jakob Prandtauer.
Nachdem der Kirchturm seit dem Abtransport der zwei Bronzeglocken im Rahmen der Profanierung der Kirche ohne Stimme geblieben war, wurde im Jahr 1999 eine elektronische Läutanlage mit Glockenspiel der italienischen Firma Egon Elettronica angeschafft.
Das Innere der Kirche
Dem Inneren der Kirche fehlt, wie aus der tragischen Geschichte der Kirche ersichtlich ist, eine geschlossene Harmonie zwischen Architektur und Einrichtung des Kirchenraumes. Mit der ursprünglichen Architektur des frühen Barock mischen sich heute im Kirchenraum – nicht immer glücklich und stimmig – die Adaptierungen durch Stilelemente der Kunst der 30er und 40er Jahre des 20. Jahrhunderts sowie durch weitere, deutlicher dem Barockstil angepaßte Elemente. Der bestimmende Raumeindruck wird von der breiten Kurvenlinie des reich profilierten Gesimses geprägt, sowie von den herrlichen Profilen und Kapitellen der flachen Wandpfeiler, die deutlich auf die Handschrift Jakob Prandtauer’s in der Kirche von Sonntagberg verweisen.
An der ursprünglich schmucklosen Decke des Kirchenschiffes befanden sich bis zur Innenrestaurierung im Jahr 2010 die für die Malerei der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts typischen, aber für den barocken Raumeindruck nachteiligen Freskobilder der hl. Theresia vom Kinde Jesus (Emporenbild), des hl. Aloysius von Gonzaga mit der Lilie (erstes Joch) und der hl. Familie (zweites Joch), die um 1940 von Alfred Lauer geschaffen wurden. Über dem Presbyterium Sterngewölbe mit herrlichem Stuck aus Blumenkränzen. Im Mittelpunkt des Gewölbes befindet sich das 2005 von Manfred Stader und Edgar Müller geschaffene Bild des apokalyptischen Lammes auf dem Buch mit den sieben Siegeln, das den ursprünglich dort befindlichen Christuskopf (gelb-ocker) von Alfred Lauer (1940) ersetzt und besser dem barocken Raumeindruck entspricht.
An den Gewölbeansätzen befinden sich Kartuschen mit Inschriften, die sich auf die Patronin der Kirche und des ehemaligen Karmelitinnenklosters Maria vom Berge Karmel beziehen: links vorne filii Dei genitrici (=der Mutter des Gottessohnes), rechts vorne ordinis fundatrici (= der Gründerin des Ordens), links Mitte regina coeli (=der Königin des Himmels), rechts Mitte matri Carmeli (= der Mutter des Karmel), links hinten mundi dominae (= der Herrin der Welt), rechts hinten SS.VV. Patronae (= der Patronin der gottgeweihten Jungfrauen).
Über dem Triumphbogen vor dem Presbyterium eine Kartusche mit Fürstenhut, der auf die Gründung hinweist und der auf die Kirchenpatronin bezunehmenden Inschrift: SS. Virgini Mariae de Monte Carmeli (=der Allerseligsten Jungfrau Maria vom Berge Karmel). Über der Empore hingegen eine Kartusche mit der als Chronogramm zur baulichen Fertigstellung des Kirchenraumes gestalteten Inschrift: Principali munificentia hVC aeDIfICatVM.
Eingangsbereich der Kirche
Auf der rechten Seite unter der Empore wurde im Jahr 2000 die Diözesane Gebets- und Gedenkstätte der gefallenen oder vermißten Soldaten sowie aller Opfer von Krieg, Vertreibung und Gewalt mit der Bronzeskulptur der Kreuzabnahme des Kremser Künstlers Prof. Hans Freilinger errichtet. Auf der linken Seite Statue des hl. Joseph (19. Jhdt).
Auf der Empore stand links bis 2010 die zweimanualige mechanische Orgel mit 15 klingenden Registern samt Cymbelstern, deren einmanualiger Grundbestand (6 Register) von Johann M. Kaufmann aus dem 19. Jahrhundert stammt und die dann in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ausgebaut und verändert wurde. Diese Orgel kam 1938 in die Prandtauerkirche und stammt aus der Pfarrkirche Groß-Poppen, die wegen der Errichtung des Truppenübungsplatzes in Allensteig profaniert worden ist.
Am Eingang zwei Weihwasserbecken von 1934. Sie wurden vom Schwager von Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß gestiftet.
Das Langhaus der Kirche
An den Wänden Kopie des berühmten Kreuzwegs von J. Führich (vom St. Pöltner Maler Gerit Hoffmann geschaffen, fertiggestellt 2003). Die Kirchenbänke mit Schnitzerei vorne und hinten nach Entwurf der Wiener Architektin M. Reitstätter-Bolldorf aus dem Jahre 1947 versuchen dem barocken Raum Rechnung zu tragen.
An der rechten Rundung vom Chor zum Langhaus hin steht seit 1949 die prominente Kanzel. Im neubarocken Stil und doch auch mit Einfluß der zeitgenössischen Formensprache, vor allem in den geschnitzten Figuren, ersetzte sie aus Anlaß der Domrenovierung und der provisorischen Verwendung der Prandtauerkirche als Domkirche die provisorische Stehkanzel im Altarraum. Der Entwurf der Kanzel stammt wiederum von der Wiener Architektin M. Reitstätter-Bolldorf, die geschnitzten Reliefs der Apostel und Evangelisten an der Brüstung, die Taube des hl. Geistes und die beiden Gesetzestafeln am Kanzeldeckel sowie die Darstellung Jesu bei der Bergpredigt an der Kanzeltüre stammen von A. Treber-Trebersburg.
An der linken Rundung, parallel zur Kanzel rechts, der Devotionsaltar zu Ehren der Gottesmutter Maria. Im Zentrum die barocke Statue der unbefleckten Jungfrau und Gottesmutter Maria mit dem Strahlenkranz auf der Erdkugel stehend. Die Statue stammt aus der Mitte des 18. Jahrhunderts von unbekanntem Meister. Sie wurde 1949 für die Prandtauerkirche angekauft. Seit dem Jahr 1998 umgibt die Statue ein barocker Samtbaldachin, mit seitlich sitzenden Puttoengeln, Anfang 18. Jahrhundert.
Das Presbyterium
Das Blickzentrum der Kirche bildet der an der fast quadratischen Chormauer errichtete Altar aus verschiedenfarbigem Salzburger Marmor. Er wurde 1712 vom Bildhauer Josef Anton Pfaffinger nach einem Entwurf von Johann Lukas von Hildebrandt (1668-1745) für die dem Fürsten Harrach gehörende Schloßkapelle von Aschach an der Donau geschaffen. Im Jahre 1961 ersetzte dieser wertvolle und erhabene Altar das bisherige hölzerne Provisorium. Im Jahre 1961 wurde auch das ursprüngliche Wandfresko, das 1934 von Ulrich Tahedl im Stil der damaligen Zeit geschaffen worden war und das die Huldigung der Stände vor der Gottesmutter zum Thema hatte, konservierend übermalt, um den Eindruck des neuen Altars nicht zu stören.
Über der sarkophagförmigen Mensa erhebt sich das ergeifend realistisch gehaltene Altarbild der Kreuzigung Jesu Christi, das dem Spanier Giuseppe Ribera (1591-1652) zugeschrieben wird. Das Gnadenstuhlmotiv des Altars wird vervollständigt durch das Aufsatzbild am Giebelfeld von Johann Georg Schmidt (“Wiener -Schmidt”, 1685-1748), das Gottvater darstellt, der den Heiligen Geist sendet. Die beiden Assistenzfiguren schmiegen sich künstlerisch vollendet an die beiden Säulen des Altars. Die linke Figur des hl. Franz von Assisi mit dem Totenkopf dürfte den Namenspatron des Fürsten Franz Antonius von Harrach darstellen, dessen gefärbeltes Wappen seitlich über den beiden Sakristeitüren zu sehen ist. Die rechte Figur stellt den hl. Aloisius von Gonzaga mit der Lilie, dem Symbol der Reinheit, dar.
Im Jahr 2005 wurde ein den ganzen Chorabschluß ausfüllendes Wandgemälde im Barockstil von den beiden deutschen Kirchenmalern Manfred Stader und Edgar Müller auf Leinwand angefertigt und an der Altarwand befestigt. Um so dem für den Kirchenraum zu niederen und zu schmalen Altar einen geeigeneten Kontext zu schaffen. Im oberen Teil stellt das Bild die Allegorien der drei göttlichen Tugenden dar:Glaube (Attribute des Kreuzes und des Kelches mit der Hostie), Hoffnung (Attribut des Ankers) und Liebe (Attribute des brennenden Herzens und der Tugendlilien). Die beiden Seiten links und rechts vom Altar stellen Personen dar, die für die Geschichte der Kirche bedeutsam waren. Linke Seite: im Zentrum das Bild der Fürstin Montecuccoli, der Stifterin der Kirche, mit ihren Wappen am Betstuhl knien; dahinter lebende Stifterfiguren und Karmelitinnen.
Dieses Wandbild musste aufgrund der von gewisser politischer Seite losgetretenen Polemik durch eine negative Entscheidung des Bundesdenkmalamtes sowie des Diözesanbischofs im Jahr 2008 verhängt werden. Es wurde im Jahr 2009 durch eine neue Altarwandgestaltung ersetzt. Das neue Bild in Freskotechnik fertigte Mag. Andreas Gamerith an und zeigt das Karmelskapulier. Darüberhinaus wurde die Altarwand in Stuck gegliedert.
Auf der linken Seite des Presbyteriums befindet sich das ehemalige fürstliche Oratorium, das allerdings zugemauert worden ist. Unterhalb das Bild Maria mit dem Jesuskind und dem Johannesknaben (signiert von Rosa Schwendinger, 1934). Auf der rechten Seite hingegen als Pendant der noch bestehende Oratoriumsraum.
Darunter das vermutlich vom St. Pöltner Maler Johann Josef Schindler (1777-1836) aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts stammende Ölbild, das möglicherweise die Taufe Konstantins zum Inhalt hat, mit Papst, Priester, Diakon und Menschenmenge. Dieses Bild stammt aus dem Besitz des ermorderten Erzherzog-Thronfolgers Franz Ferdinand (signiert) und kam 1944 als Gabe eines St. Pöltner Advokaten in die Kirche. Seit dem Jahr 1998 befindet sich mittig die klassizistische Ewig-Licht-Ampel vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Den Abschluß des Presbyteriums markiert seit 1963 wieder die Kommunion-bank aus Marmor, deren Teile samt mittlerer Gittertüre aus der originalen Kommunionbank der Karmelitinnenkirche stammen, die im Rahmen der Profanierung in die Pfarrkirche Rust gekommen ist.
(Text teilweise entnommen dem Kirchenführer der Rektoratskirche U. L. F. vom Berge Karmel (Prandtauerkirche), Hg. von DDr. Reinhard Knittel)